Pflichtteilsanspruch richtig geltend machen!

Häufig stellen sich Hinterbliebene die Frage, wie bei einer Enterbung zu reagieren ist.

RA Thomas Arndt, Fachanwalt für Erbrecht und Zertifizierter Testamentsvollstrecker aus Rostock – www.arndt-urban.de, beantwortet die wichtigsten Fragen hierzu.

Anders als Erben sind die Pflichtteilsberechtigte nicht direkt am Nachlass beteiligt, sondern haben einen sich gegen die Erben richtenden Geldanspruch.

Dieser richtet sich nach der wertmäßigen Nachlasshöhe und bestimmt sich grundsätzlich auf die Hälfte dessen, was man gesetzlich als Erbe erhalten hätte.

Für die Frage nach der sogenannten „Pflichtteilsquote“ ist also immer zu prüfen, was man als gesetzlicher Erbe (sog. „Erbquote“) erhalten hätte, die Hälfte dessen ist dann die sog. „Pflichtteilsquote“.

Beispiel: Wäre man z.B. als einziges Kind eines unverheiratet verstorbenen Elternteils Alleinerbe geworden, ist aber nun enterbt, erhält man als Pflichtteil die Hälfte dessen, d.h. 1/2.

Prüfung der Pflichtteilsberechtigung

Hinterbliebene bzw. Enterbte sollten zunächst prüfen, ob sie tatsächlich pflichtteilsberechtigt sind.

Denn: Nicht jeder, der enterbt wurde, kann auch einen Pflichtteil von den Erben einfordern.

Pflichtteilsberechtigt nach Enterbung sind gemäß § 2303 BGB grundsätzlich nur Kinder und Kindeskinder (Enkel), Ehepartner oder die Eltern des Verstorbenen.

Nicht pflichtteilsberechtigt sind hingegen Geschwister oder andere Verwandten des Verstorbenen.

Enterbung muss vorliegen

Von Enterbung spricht man, wenn man im Testament oder Erbvertrag vom Erblasser entweder ausdrücklich enterbt oder namentlich überhaupt nicht erwähnt wurde.

Ob man enterbt wurde, stellt sich also erst im bei der Eröffnung der letztwilligen Verfügung heraus.

Grundsätzlich gilt, dass die Enterbung durch den Erblasser erfolgt sein muss.

Schlägt man also selbst das einem zunächst angefallene Erbe aus, ist man dadurch zwar auch nicht Erbe geworden, kann aber dennoch nicht seinen Pflichtteil fordern. Ausnahmen gelten jedoch u.a. in folgenden Fällen:

Ist beispielsweise der Erbteil mit sogenannten Belastungen bzw. Beschwerungen versehen, d.h. an Bedingungen im Testament geknüpft, darf der Erbe den Erbteil ausschlagen und stattdessen seinen – unbeschwerten – Pflichtteil verlangen.

Solche typischen Beschwernisse sind z.B. die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers, eine Teilungsanordnung oder ein im Testament angeordnetes Vermächtnis oder eine Auflage.

Auch ein nach obigen Ausführungen pflichtteilsberechtigter Vermächtnisnehmer kann z.B. ein Vermächtnis ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil in voller Höhe zu verlangen. Dazu muss er die Ausschlagung gegenüber der Person erklären, die im Testament mit dem Vermächtnis beschwert wurde – also für die Ausführung zu sorgen hat.

Fehler bei der Geltendmachung vermeiden!

1. Verjährung beachten

Für die Geltendmachung des Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüchen gegenüber dem Erben bzw. gegenüber den Beschenkten ist jeweils eine Frist von drei Jahren einzuhalten.

Das Verstreichen der Verjährungsfrist verhindert eine spätere Geltendmachung. Für die Einforderung des Pflichtteils läuft die Drei-Jahres-Frist ab dem Ende des Jahres, in dem sich der Erbfall ereignet hat.

Im Weiteren ist erforderlich, dass man vom Eintritt des Erbfalles weiß und auch Kenntnis davon hat, dass man durch Testament enterbt wurde.

2. Inhalt des Anschreibens

Als Pflichtteilsberechtigter wendet man sich schriftlich mit seiner Forderung an einen der Erben. Dabei muss man die genaue Höhe der Forderung angeben oder – als Vorstufe – in richtiger Weise Auskunft verlangen. Eine bloße Aufforderung, den Pflichtteil auszuzahlen, genügt nicht.

3. Auskunft und Wertermittlung verlangen

Um die Höhe des Pflichtteilsanspruchs beziffern zu können, ist zunächst ein Überblick über die Nachlasswerte Voraussetzung.

Dazu kann man von seinem Auskunftsanspruch gegenüber Gebrauch machen und ein detailliertes Nachlassverzeichnis anfordern, das ihm der Erbe erstellen und aushändigen muss.

Ein solches Nachlassverzeichnis kann der Pflichtteilsberechtigte auch in notarieller Form verlangen, da notarielle Verzeichnisse meist mehr Sicherheit bieten, dass diese vollständig und richtig erstellt wurden.

Zudem kann der Pflichtteilsberechtigte auch die Wertermittlung von Nachlassgegenständen (Immobilien, Autos etc.) durch Einholung von Bewertungen/Sachverständigengutachten auf Kosten des Nachlasses verlangen.

4. Erhöhung der Ansprüche durch Schenkungen möglich

Der Pflichtteilsberechtigte kann zudem auch Auskunft über Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten verlangen, da diese (sog. Pflichtteilsergänzung) seine Ansprüche nachträglich noch erhöhen können.

Hierfür sind genaue Informationen über den Bestand des Nachlasses sowie Schenkungen noch zu Lebzeiten des Erblassers unverzichtbar.

Zu einer nachträglichen Erhöhung des Pflichtteils können beispielsweise Schenkungen führen, die der Erblasser vor seinem Tod gemacht hat.

Daraus ergibt sich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch für den Pflichtteilsberechtigten, der durch Geltendmachung dieses Anspruch den eigenen Pflichtteil aufstocken kann.

Hierbei bestehen zahlreiche weitere Besonderheiten, die Ihnen RA Thomas Arndt, Fachanwalt für Erbrecht und Zertifizierter Testamentsvollstrecker aus Rostock – www.arndt-urban.de, gerne beantwortet, da insbesondere bei der Prüfung und Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen Erfahrung und die genaue Kenntnis der Rechtsprechung und Rechtslage unabdingbar sind.